Sonntag, 16. November 2014

Zwillingsforschung

Diese Woche habe ich einen spannenden Artikel über Zwillingsforschung gelesen. Ich finde das ja echt spannend – welchen Teil unserer Persönlichkeit wird von den Genen bestimmt, welcher von der Umwelt und welcher von persönlichen Erfahrungen? Ich muss gestehen, dass ich bisher jeden Menschen fast nur als Individuum zugehörig zu einem kulturellen Pool an Vorstellung gesehen habe, aber was amerikanische Forscher in den 90er Jahren herausgefunden haben lässt mich zweifeln. Vielleicht – nur vielleicht – sind manche von uns zu etwas vorherbestimmt.
Ich las über ein Zwillingspaar, das nach der Geburt getrennt worden war und in verschiedenen Staaten lebte, ohne voneinander zu wissen. Beide ergriffen den gleichen Job, beide heirateten den gleichen Typ Frau, beide nannten ihre Erstgeborenen James und beide bevorzugten bestimmte Speisen und Getränke. Sie rauchten sogar die gleiche Zigarettenmarke! Ist das alles nur Zufall? Oder sind Neigungen wirklich vererbbar?
Ich meine Zwillinge, die gemeinsam aufwachsen, sind ähnlichen Einflüssen ausgesetzt – so wie normale Geschwister bis zu einem gewissen Grade auch. Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das gleiche Leben an zwei Orten gleichzeitig und dennoch unabhängig voneinander abspielt? Heißt das, dass man Charakter vererben kann? Und wenn das so ist, was bedeutet das für mich? Werde ich vielleicht meinen Job als Kommissarin an den Nagel hängen und meine Berufung in der Staatsanwaltschaft finden? *schüttel* Ich hoffe, in mir ist noch genug selbstbestimmtes Ich, das mich davor bewahrt!
Außerdem habe ich herausgefunden, dass es sogar Studien gibt, die Zwillinge dahingehend untersuchen, ob sie kriminelle Taten verüben und in wie fern diese kriminellen Neigungen vererbt wurden sein könnten. Zwar fand man heraus, dass es eine gewisse Tendenz gibt, dass wenn ein Zwilling kriminell wurde, auch der andere Zwilling diesen Weg einschlägt, aber die Studie war meiner Meinung nach alles andere als repräsentativ. Vielleicht wäre das ein Thema für meine Promotion? Immerhin sitze ich hier quasi an der Quelle oder? Ich glaube, ich schlage es meinem Cheffe einfach mal vor – in einer ruhigen Minute versteht sich. Der Arme ist mal wieder ziemlich runter mit den Nerven und hat ein gebrochenes Herz. Noch mehr Aufregung muss ich ihm ja nicht zumuten. Und bis dahin kann ich ja meine Recherchen vorantreiben, während ich meinem statistikgeilen Papi Berichte erarbeite...
Wer weiß, vielleicht bin ich doch ein Kuckuckskind? Und vielleicht gibt es da draußen noch eine zweite LTM, die gerade auf der Suche nach mir ist? Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, aber wenn ich eines gelernt habe in meinem Job, dann ist es das, dass nichts unmöglich ist.

Samstag, 8. November 2014

Zum Thema: ICH

Glaubt man Sigmund Freud, ist der Mensch stets gefangen zwischen Über-Ich und Es. Er ist getrieben von den Gegensätzen der Welt und inmitten dieses Sturms aus Unbewusstsein und über Generationen gefestigten Regeln und Vorschriften, da sitzt das menschliche Ich. Auch mein Ich sitzt wohl irgendwo zwischen Trieben und Normen, zwischen Affekt und Gewissen. Aber ist der Mensch nicht mehr als eine variable Mischung aus Tier und kultureller Erziehung? Ist die Suche nach rationalen Lösungen wirklich nur der Vermittlungsposition des Ich gegenüber dem Es und dem Über-Ich zu verdanken? Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass meine ganze Persönlichkeit auf einem Spiel von Verdrängen und an die Oberfläche kommen basiert.
Ein Beispiel: Wenn ich mir Samstagsmorgens voller Freude mein Nutellabrötchen schmiere, tue ich das, weil mein Unterbewusstsein den Geschmack der Haselnusscreme schätzt? Oder esse ich nur ein Brötchen, damit mein Über-Ich mich nicht mit spitzen Bemerkungen zu meiner Figur straft? Oder esse ich dieses Frühstück ganz einfach weil ich, also der Teil von dem ich denke, dass ich es bin, das einfach möchte? Ich denke, der gute alte Sigmund konnte aus allem einen Kampf machen, auch aus meinem Frühstück. Aber ich weigere mich anzunehmen, dass all meine Handlungen einen kausalen Zusammenhang zu einem inneren Kampf haben, von dem ich mal mehr mal weniger mitbekomme. Ich meine, welche Energieverschwendung wäre denn das? Eine Grundsatzdebatte wegen einem Brötchen? Ich glaube ja, dass Instinkt und Intellekt sich nicht bekämpfen, sondern bereichern.
Natürlich vertraue ich bei meinem Job auf meinen Instinkt. Er hilft mir, Spuren zu lesen, Infos nachzugehen oder einfach auf mein Bauchgefühl zu hören, auch wenn ich nicht weiß, woher mein Bauch immer so viel weiß. Beim Ermitteln brauche ich hingegen das Über-Ich, das mir dabei hilft, in den gesellschaftlichen Normen so leichtfüßig zu agieren, dass ich aus einem Verdächtigen schlau werde, ohne, dass er es überhaupt merkt. Außerdem hilft es mir mit den Menschen in meiner Umwelt umzugehen und zeigt mir genau auf, was es für Gut oder Böse befindet. Alleinstehend würde mir das gar nichts bringen. Entweder wäre ich ein knallharter Rowdy, unfähig in einer Gruppe zu leben, oder ich wäre ein dummes Schaf, das brav der Herde hinterhertrottet.
Da ich keines von beidem bin – oder mir das zumindest einrede - muss es neben meinem Ich mehr geben, das Instinkte und Vorstellungen vereint. Wenn die menschliche Psyche so einfach gestrickt wäre, gäbe es doch nur wenige Archetypen auf der Welt, oder etwa nicht?
Ich bin jedenfalls genau in diesem Moment ich. Und ich bin genau so, wie ich es für richtig halte. Ich halte mich nicht für das Ergebnis eines Kampfes oder für etwas, das zum vermitteln entstanden ist. Vielleicht ist das, was ich in der letzten Stunde in diesen Blog getippt habe auch alles Quatsch. Sicher sein kann man sich schließlich nur, wenn man Descartes Erkenntnis beherzigt: Cogito ergo sum. Ich denke, also bin ich. Und solange ich ich bin, kann ich auch ich sein, ohne mich als Produkt von etwas zu sehen, das ich mit meinen Sinnen nicht erfassen, messen oder gar bewerten kann.

Samstag, 1. November 2014

Verdammte Spiegelneuronen




Spiegelneuronen sind nervig. Natürlich sind sie wichtig, weil sie uns ermöglichen die Gefühle unseres Gegenübers intuitiv zu spiegeln und so ein Teil der sozialen Gruppe unserer Umwelt zu werden. Aber den größten Teil des Tages finde ich es anstrengend, von meinen Spiegelneuronen gesteuert zu werden. Ein einfaches Beispiel: Toni trinkt ihren Milchkaffee und schon nehme ich auch einen Schluck von meinem Getränk. Wenn ich das geplant hätte – also einen kräftigen Schluck Kaffee zu nehmen – hätte ich dann nicht unabhängig von Toni einfach etwas Koffein in mich hineinlaufen lassen? Ich lebe ein selbstbestimmtes, freies Leben, zumindest empfinde ich das so, und doch kriegen mich die kleinen Zellen in meinem Gehirn immer wieder dran. Und ich realisiere die Situation natürlich erst im Nachhinein. LTM getrieben von Instinkten und einem erst vor wenigen Jahren (1996) entdeckten Resonanzsystem.

Vielleicht sollte ich mit meinen Spiegelneuronen nicht so hart ins Gericht gehen. Immerhin helfen sie mir in Kombination mit meinem Intellekt und meinem Erfahrungsschatz immer wieder dabei, mysteriöse Fälle aufzudecken. Ich glaube, die Kunst, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, könnte sogar der Schlüssel zum Erfolg als Kommissarin sein. Wer, wenn nicht ich, kann sich in die Hirnwindungen von Verbrechern einschleichen und so ihre Taten rekonstruieren? Auch im Codes lesen, sind meine Spiegelneuronen klasse: Sie dechiffrieren automatisch die Körpersprache jedes Verdächtigen und bringen mich oft auf eine heiße Spur.

Welche Bedeutung haben vor diesem Hintergrund ein Schluck Kaffee zu viel, eine kleine Sünde an der Supermarktkasse oder ein unverdientes Lächeln in der Bahn? Ist nicht auch Fremdmotivation Teil der eigenen Motivation? Alles in allem ist das Leben zu kurz, um mit seinem Unterbewusstsein auf Kriegsfuß zu stehen, oder? Da hadere ich doch lieber mit meinen Statistiken als mit einem evolutionären Wunder wie den Spiegelneuronen. Die sitzen im Zweifelsfall eh am längeren Hebel.

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