Glaubt man Sigmund Freud, ist der
Mensch stets gefangen zwischen Über-Ich und Es. Er ist getrieben von
den Gegensätzen der Welt und inmitten dieses Sturms aus
Unbewusstsein und über Generationen gefestigten Regeln und
Vorschriften, da sitzt das menschliche Ich. Auch mein Ich sitzt wohl
irgendwo zwischen Trieben und Normen, zwischen Affekt und Gewissen.
Aber ist der Mensch nicht mehr als eine variable Mischung aus Tier
und kultureller Erziehung? Ist die Suche nach rationalen Lösungen
wirklich nur der Vermittlungsposition des Ich gegenüber dem Es und
dem Über-Ich zu verdanken? Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass
meine ganze Persönlichkeit auf einem Spiel von Verdrängen und an
die Oberfläche kommen basiert.
Ein Beispiel: Wenn ich mir
Samstagsmorgens voller Freude mein Nutellabrötchen schmiere, tue ich
das, weil mein Unterbewusstsein den Geschmack der Haselnusscreme
schätzt? Oder esse ich nur ein Brötchen, damit mein Über-Ich mich
nicht mit spitzen Bemerkungen zu meiner Figur straft? Oder esse ich
dieses Frühstück ganz einfach weil ich, also der Teil von dem ich
denke, dass ich es bin, das einfach möchte? Ich denke, der gute alte
Sigmund konnte aus allem einen Kampf machen, auch aus meinem
Frühstück. Aber ich weigere mich anzunehmen, dass all meine
Handlungen einen kausalen Zusammenhang zu einem inneren Kampf haben,
von dem ich mal mehr mal weniger mitbekomme. Ich meine, welche
Energieverschwendung wäre denn das? Eine Grundsatzdebatte wegen
einem Brötchen? Ich glaube ja, dass Instinkt und Intellekt sich
nicht bekämpfen, sondern bereichern.
Natürlich vertraue ich bei meinem Job
auf meinen Instinkt. Er hilft mir, Spuren zu lesen, Infos nachzugehen
oder einfach auf mein Bauchgefühl zu hören, auch wenn ich nicht
weiß, woher mein Bauch immer so viel weiß. Beim Ermitteln brauche
ich hingegen das Über-Ich, das mir dabei hilft, in den
gesellschaftlichen Normen so leichtfüßig zu agieren, dass ich aus
einem Verdächtigen schlau werde, ohne, dass er es überhaupt merkt.
Außerdem hilft es mir mit den Menschen in meiner Umwelt umzugehen
und zeigt mir genau auf, was es für Gut oder Böse befindet.
Alleinstehend würde mir das gar nichts bringen. Entweder wäre ich
ein knallharter Rowdy, unfähig in einer Gruppe zu leben, oder ich
wäre ein dummes Schaf, das brav der Herde hinterhertrottet.
Da ich keines von beidem bin – oder
mir das zumindest einrede - muss es neben meinem Ich mehr geben, das
Instinkte und Vorstellungen vereint. Wenn die menschliche Psyche so
einfach gestrickt wäre, gäbe es doch nur wenige Archetypen auf der
Welt, oder etwa nicht?
Ich bin jedenfalls genau in diesem
Moment ich. Und ich bin genau so, wie ich es für richtig halte. Ich
halte mich nicht für das Ergebnis eines Kampfes oder für etwas, das
zum vermitteln entstanden ist. Vielleicht ist das, was ich in der
letzten Stunde in diesen Blog getippt habe auch alles Quatsch. Sicher
sein kann man sich schließlich nur, wenn man Descartes Erkenntnis
beherzigt: Cogito ergo sum. Ich denke, also bin ich. Und solange ich
ich bin, kann ich auch ich sein, ohne mich als Produkt von etwas zu
sehen, das ich mit meinen Sinnen nicht erfassen, messen oder gar
bewerten kann.
Standort:
Frankfurt, Deutschland
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